Vom 10. bis 11. April zeigt Esri auf dem Big-Data.AI Summit in Berlin, wie sich mit GIS das Potential von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning weiter ausschöpfen lässt. Im Interview verrät Stefan Vienken, Product Manager bei Esri, was dank Geodaten schon heute möglich ist – und warum Big Data und Location Intelligence Hand in Hand gehen müssen.
Stefan, Esri ist auf dem diesjährigen Big-Data.AI Summit in Berlin vertreten. Was genau haben Geoinformationssysteme (GIS) mit Big Data und KI zu tun?
Fast alle Daten haben Raumbezug. Man denke nur an Sensordaten, Satelliten- oder Drohnendaten, Social Media Posts oder Videodaten; ja selbst Finanz-Transaktionen lassen sich in einen räumlichen Kontext setzen. Der Faktor Location macht aus Einzeldaten verwertbare Informationen und schafft Orientierung im Raum. Man erhält eine neue Sicht auf die Daten und deckt Zusammenhänge auf, die man aus Tabellen und Charts nicht hätte erkennen können.
In vielen Bereichen wird der Geo-Bezug zum entscheidenden Faktor: Autonomes Fahren, Crime Prediction, Supply Chain Risk Management, personalisiertes Marketing oder Realtime-Videoanalysen sind nur einige Beispiele.
Der Geo-Faktor steigert also das Potential von KI?
Auf jeden Fall. Von der Datenexploration über die Daten-Aufbereitung bis hin zur Daten-Analyse auf der Basis von KI – GIS bringen Licht ins Daten-Dickicht. Es ist schon interessant: Heute besteht kein Zweifel mehr an der Bedeutung von Big Data und KI. Weltweit wächst der Markt für Big Data Analytics, das Internet of Things, Artificial Intelligence und Machine Learning. Daten sind die Währung des 21. Jahrhunderts, auch dies ist unbestritten. Die große Frage dabei ist jedoch: Wie genau können Unternehmen, öffentliche Organisationen, NGOs, Startups, etc. von riesigen Datenströmen und intelligenten Maschinen profitieren?
Wie lautet Deine Antwort?
Daten liefern erst dann einen Mehrwert, wenn sie sich zu relevanten Informationen verdichten. „From noise to intelligence“ ist in diesem Zusammenhang ein geflügeltes Wort. Mit Geoinformationssystemen wie ArcGIS können wir Daten aus unterschiedlichen Quellen nahezu in Echtzeit filtern, verarbeiten, räumlich analysieren und in Form von digitalen und interaktiven Karten bereitstellen. Die herkömmlichen Analysemethoden aus BI und Co. werden um den räumlichen Faktor erweitert.
Wer also von Daten profitieren will, muss sie in ihren räumlichen Kontext setzen. Das ist der Kerngedanke von Location Intelligence. Geodaten in Verbindung mit KI unterstützen dabei, Risiken vorherzusagen, Lieferketten effizienter zu gestalten oder den Verkehrsfluss in Städten sicherer zu machen. Die Zukunft heißt Geo-AI.
Das heißt: Die Esri Technologie dockt an KI-Systeme an, analysiert die eingehenden Daten und stellt die Ergebnisse auf digitalen Karten bereit?
Genau. Wir bieten schon zahlreiche Tools zur Klassifizierung, Vorhersage oder zum Clustering in ArcGIS, dazu umfangreiche Skripting-Möglichkeiten zum Beispiel für Python- und R.
Bei darüberhinausgehenden Fragestellungen erfinden wir das Rad nicht neu, sondern koppeln uns an Systeme, die für KI gemacht sind. Wir wissen, wo unsere Kernkompetenz liegt und wo das Fachwissen unserer Partner und Kunden notwendig ist. Daher binden wir Open Source-Frameworks ein, die auf Machine Learning und Deep Learning ausgelegt sind.
Mit welchen Systemen oder Plattformen lässt sich die Esri Technologie verknüpfen?
Die Esri Technologie läuft problemlos auf Plattformen wie AWS oder auf Microsoft Azure. Hier sind wir beispielsweise mit GeoAI on Azure mit einer vorkonfigurierten, virtuellen Maschine für Geospatial Data Science und Deep Learning vertreten, so dass man ohne großen Installationsaufwand direkt starten kann.
Unabhängig von diesen Plattformen kann ArcGIS ebenfalls mit Modellen auf Basis gängiger Systeme oder Bibliotheken wie TensorFlow, CNTK, Pytorch, ScitLearn oder auch IBM Watson gekoppelt werden. Moderne Container- und Orchestrierungstechnologien wie Docker und Kubernetes werden selbstverständlich auch unterstützt.
Wie genau muss man sich die Integration von ArcGIS in KI-Systeme vorstellen?
Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Wir möchten ein Kataster von Photovoltaik-Anlagen auf Hausdächern erstellen. Dazu nutzen wir ein Deep Learning-Modell zur Bilderkennung.
Im ersten Schritt bereitet der Geo-Spezialist in ArcGIS die Trainingsdaten vor. Dazu markiert er in einem Trainingsgebiet einige hundert Photovoltaik-Module, die er im Anschluss mit dem Werkzeug „Export Training Data for Deep Learning“ exportiert. Mithilfe dieser Daten kann nun die Data Scientistin ein Model trainieren, die richtigen Modelldefinitionen und -parameter festlegen und das Modell weiter kalibrieren, bis es die bestmögliche Vorhersagegenauigkeit bietet. Das Ergebnis kann im Anschluss in ArcGIS visualisiert, und je nach Anwendungsfall, zum Beispiel für Marketing- oder Planungszwecke mit GIS-Tools weiterverarbeitet werden.
Weitere Szenarien stellst Du sicher auf dem Big-Data.AI Summit vor. Was genau hat Esri in Berlin im Gepäck?
Neben Kugelschreibern, USB-Sticks und drei Mauspads (lacht) haben wir natürlich zahlreiche Anwendungsfälle dabei, und können vor Ort verschiedene individuelle Szenarien diskutieren. Zudem sind wir im Vortragsprogramm gemeinsam mit einem Kunden zu einem Big Data-Anwendungsfall vertreten.
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Das Interview führte: Denis Heuring