Die Verwaltung des Kantons Zürich migriert aktuell von ArcMap auf ArcGIS Pro. Durch diese Umstellung sind etwa 170 aktive GIS-Nutzer:innen aus 4 Direktionen und 11 Ämtern betroffen. Welches Fortbildungskonzept hier optimal unterstützen kann, erfahren Sie im Interview.
Die GIS-Nutzer:innen der kantonalen Verwaltung sind sehr heterogen in Bezug auf ihre GIS-Fähigkeiten, sowie auch in Bezug auf die Tätigkeiten, die sie mit dem Desktop GIS ausführen. Die Abteilung Geoinformation vom Amt für Raumentwicklung (ARE) ist die zentrale Zuständigkeitsstelle für die Umschulung auf ArcGIS Pro innerhalb der kantonalen Verwaltung. Wir haben mit Michelle Korporaal, GIS-Spezialistin und Projektleiterin von der Abteilung Geoinformation, über diese Mammutaufgabe gesprochen.

Michelle Korporaal
GIS-Spezialistin beim Kanton Zürich, Abteilung Geoinformation
Sie und Ihre Kolleg:innen von der Abteilung Geoinformation begleiten die anderen Ämter im Kanton Zürich beim Umstieg auf ArcGIS Pro und sind federführend in der Konzeptionierung eines passenden Schulungsangebots.
Wie genau sieht dieses neue Schulungsangebot für die GIS-Nutzer:innen in den Ämtern aus?
In unseren Augen ist das Schulungsangebot dreiteilig. Die ersten beiden Teile entsprechen dem Blended-Learning-Konzept von Esri und bestehen aus E-Learning-Einheiten für die Grundlagen und vertiefenden Workshops zum Festigen der Inhalte, sowie um sich mit einem Trainer sowie anderen Umsteigern auszutauschen und Fragen zu stellen. Als dritten Teil gibt es unser internes Nachbetreuungsangebot, denn das Lernen hört nach Abschluss der Blended-Learning-Schulung nicht auf. Dazu gehören unsere neu erstellte und stetig wachsende Wissenssammlung in Form eines Online-Nachschlagewerks sowie die Ämterberater als Ansprechpersonen für die jeweiligen Fachstellen. Ergänzend seid Ihr (Esri) als Second-Level-Support für uns Anlaufstelle, wenn wir bei spezifischen Fragen aus den Ämtern nicht mehr weiterwissen. Für uns sind alle drei Teile von gleicher Wichtigkeit.
Wieso ist es so wichtig, für die GIS-Nutzer:innen in den Ämtern ein anderes Angebot zu schaffen?
Zuerst haben wir überlegt, alle GIS-Nutzenden einfach in eine trainergeführte, standardisierte Umsteigerschulung zu schicken. Doch zuvor haben einige Kolleg:innen der Abteilung Geoinformation solche Standard-Schulungen bei unterschiedlichen Trainer:innen besucht und sich anschließend dazu ausgetauscht. Wir waren uns schnell einig, dass das Standardangebot nicht das Richtige für unsere Umgebung und die unterschiedlichen Fachstellen ist. Für uns war der Kurs zu wenig auf das persönliche Lernen zugeschnitten, da er ein bestimmtes Tempo und bestimmte Inhalte vorgibt. Die Schulungen aber selbst durchzuführen und dabei auf die verschiedensten Bedürfnisse einzugehen, wäre keine Alternative gewesen. Dazu hätten wir, zusätzlich zu den regulären Tätigkeiten, keine Kapazität gehabt.
Welche Vorteile sehen Sie im Blended-Learning-Konzept im Vergleich zu einer trainergeführten Schulung?
Ein großer Vorteil, der unter anderem ausschlaggebend für die Wahl dieses Konzept war, ist die Möglichkeit, Rücksicht auf verschiedene Wissensstufen zu nehmen. Die E-Learning-Einheiten als Software-Simulationen vermitteln in einem geschützten Rahmen die Grundlagen für weniger erfahrene GIS-Nutzende. Fortgeschrittene GIS-Anwendende können hingegen das freie Üben mit den Download-Materialien und Videos nutzen. Weitere Vorteile sind das Lernen im eigenen Tempo sowie die Zeit- und Ortsunabhängigkeit der Schulung. Wir arbeiten jetzt anders als vor der Pandemie. Home-Office ist weitgehend fester Bestandteil unseres Arbeitsalltags und diese Veränderungen sollten sich unserer Meinung nach auch im Schulungsangebot widerspiegeln. Mit dem Blended-Learning-Kurs kann ich zudem das Lernen ins normale Tagesgeschäft integrieren. Ich muss mir nicht drei ganze Tage blockieren, sondern kann jede Woche kleinere Einheiten machen und bleibe dabei immer am Ball. Ich kann sogar zwischendurch an einem Meeting teilnehmen und danach wieder mit der Schulung weitermachen. Ein weiterer Vorteil ist die Individualisierbarkeit innerhalb des Esri Learning Labs, der E-Learning-Einheiten sowie der Workshops. Natürlich hätten wir auch für 170 Personen individualisierte Schulungen mit Trainer erarbeiten können und dort unsere spezifischen Inhalte einbringen können, aber auf die soeben genannten Vorteile hätten wir dann verzichten müssen.
Würden Sie diese Kombination aus eigenständigem Lernen und kontinuierlicher Begleitung durch GIS-Expert:innen anderen Organisationen empfehlen, die vor den gleichen Herausforderungen stehen?
Eine Empfehlung finde ich schwierig, denn ich bin GIS-Expertin und keine Schulungs-Expertin. In unserem konkreten Fall ist es auch insofern speziell, als wir kein fertiges Produkt bei euch kaufen konnten, sondern das Schulungskonzept und die Inhalte teilweise gemeinsam entwickelt haben. Wir haben festgestellt, dass das Lernen heute und in Zukunft anders ist, als es in der Vergangenheit war und dieses Wissen haben wir ins Konzept einfließen lassen. Den GIS-Koordinator:innen aus den verschiedenen Ämtern haben wir die unterschiedlichen Schulungsvarianten (trainergeführte Standardschulung, reine Online-Schulung und Blended-Learning-Schulung) präsentiert, wobei sie ein klares Votum für die Blended-Learning-Variante abgaben. Von daher bin ich mir sicher, dass die Schulung erfolgreich sein wird, auch wenn wir den Erfolg zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht messen können. Müsste ich dennoch eine Empfehlung abgeben, würde ich diese Kombination wohl vor allem für sehr heterogene Gruppen mit unterschiedlichen Wissensstufen und verschiedenen Jobs empfehlen, mit dem Hintergedanken, dass bei dieser Schulungsvariante sich jeder das herausnehmen kann, was er oder sie braucht.
Ab welcher Größe des Migrationsprojekts würden Sie dieses Angebot empfehlen: für 150 Personen oder bereits ab 10?
Bei einem kleinen Personenkreis ist es zielführender, sich mit den einzelnen Personen zusammenzusetzen und direkt auf deren Anforderungen einzugehen. Aber ab 30 oder 40 Personen ist das sicherlich nur mit einem erhöhten Aufwand möglich. Auch wenn wir vielleicht mit der Wahl von standardisierten, trainergeführten Schulungen weniger Aufwand gehabt hätten, erhoffen wir uns, dass unsere Kund:innen – also die Fachstellen – den Umstieg letztendlich mit der Blended-Learning-Variante leichter schaffen. denn wenn dieser Umstieg nur schwer gelingt, sind wir aus der Abteilung Geoinformation diejenigen, die vermehrt Support leisten müssten. Wir haben allenfalls auch eine andere Ausgangslage als andere Unternehmen. Es erhalten nicht alle 170 Personen zur gleichen Zeit ArcGIS Pro und steigen dann gleich um – die Schwierigkeit bei uns ist, dass der Rollout ca. 1,5 Jahre dauert und der Zeitpunkt des Umstiegs den Ämtern überlassen wird. Da sind wir mit diesem neuen Schulungskonzept flexibler. Zudem kommen künftig noch weitere (aufbauende) Themen in das Esri Learning Lab. Wir sehen den Entscheid für diese Schulungsvariante als Investition in die Zukunft.
Vielen Dank für das informative Interview, Michelle Korporaal!
Das Interview führte Antje Duffert, E-Learning & Training Content Specialist bei Esri Deutschland & Schweiz.
