Mit ArcGIS 10.4 hat Esri ein neues, kompaktes Format für Daten zur Offline-Nutzung eingeführt. Karten, Locators für die Adresssuche und Netzwerke für die Routenberechnung lassen sich mit ArcGIS Pro seit der Version 1.2 zu einem einzelnen mobilen Kartenpaket (Mobile Map Package) zusammenfügen.
Das ist sozusagen die nächste Generation des Runtime Content, mit dem allerdings jedes Datenformat einzeln erstellt werden muss.
Mobile Kartenpakete (.mmpk) können sehr bequem über ArcGIS Online, Portal for ArcGIS und durch einfaches Kopieren verteilt werden. MMPK-Dateien lassen sich in Navigator for ArcGIS, in eigenen Apps basierend auf ArcGIS Runtime ab Version 100 (Codename Quartz) und auch in ArcGIS Pro nutzen.
Key Facts zu mobilen Kartenpakten
- Mobile Kartenpakete sind einzelne, gepackte Dateien.
- Platzsparend, leicht zu verteilen und zu aktualisieren.
- Plattformunabhängig.
- Sie können Karten, Adresssuche und Routing beinhalten (auch einzeln möglich).
- Sie können auch mehrere Karten, Locators und Routing-Netzwerke enthalten.
- Nutzbar in ArcGIS Apps und in eigenen ArcGIS Runtime Apps.
- Sie sind read only.
Erstellen von mobilen Kartenpakten
Mobile Kartenpakete werden in ArcGIS Pro ab Version 1.2 mit dem Werkzeug Mobiles Kartenpaket erstellen (Create Mobile Map Package) erzeugt. Vorher müssen dafür alle relevanten Daten und Funktionen vorbereitet werden. Es führen wie immer mehrere Wege zum Ziel. Im Folgenden werden zwei Möglichkeiten zur Erstellung eigener MMPKs mit einer ansprechenden Karte, einem Locator und einem angepassten Routing-Netzwerk mit der Option zur Navigation von der Straße in ein Waldgebiet mit eigenen Waldwegen beschrieben:
Mobile Kartenpakete mit OpenStreetMap und eigenen Daten
Navigator for ArcGIS mit OSM
Die Daten von OpenStreetMap (OSM) sind kostenlos und haben eine recht gute Qualität. Allerdings ist es mit erheblichem Aufwand verbunden, daraus eine schöne Karte, einen geeigneten Locator für die Suche nach Adressen und ein routingfähiges Straßennetzwerk für ein mobiles Kartenpaket zu erstellen.
Zuerst müssen die Daten für ArcGIS nutzbar gemacht werden. Das Open Source Add-on ArcGIS Editor for OpenStreetMap lässt sich für die Erstellung einer Karte und des Straßennetzwerkes nutzen. Mit diesem kostenfreien Add-on für ArcGIS for Desktop können aus den „OSM-Rohdaten“ die benötigten Daten gefiltert und in ein für ArcGIS lesbares Format extrahiert werden. Anschließend kann damit eine schöne Karte designt (mühselig für nicht-Kartografen) und auch ein routingfähiges Netzwerk erstellt werden. Das Netzwerk ist mit eigenen Daten erweiterbar. In unserem Beispiel werden zusätzlich Waldwege als Polyline-Feature-Class und eine weitere Feature-Class mit den Verbindungslinien zwischen den Straßen und den Waldwegen, sogenannte Transitions, dem Netzwerk hinzugefügt. Die Verbindungslinien müssen manuell mithilfe von Snapping-Tools (Andockhilfe an die Straßen und Waldwege) erstellt und der Feature-Class hinzugefügt werden. Nach einer Neuberechnung des Netzwerkes kann nun auch von der Straße in den Wald navigiert werden. Die Qualität und Performance des Netzwerkes hängen von Regeln und zugehörigen Attributen ab – da fängt die eigentliche Arbeit an. Stichworte sind hier z. B. Regeln für Einbahnstraßen, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Abbiegevorschriften, Spezielle Routen für Fußgänger, PKW und LKW u.s.w.
Schlussendlich wird für unser mobiles Kartenpaket ein geeigneter Locator für die Adresssuche benötigt, was in erster Linie Fleißarbeit bedeutet. Dazu werden aus den OSM-Daten Städte/Adressen/POIs und zugehörige Koordinaten gebraucht. Anschließend wird der Locator mit entsprechenden Tools in ArcGIS Pro oder ArcGIS for Desktop erstellt.
Nun wird das ArcGIS for Desktop Projekt (mxd) in ArcGIS Pro importiert und erzeugt mit dem Werkzeug Mobiles Kartenpaket erstellen das komplett auf OSM-Daten beruhende mobile Kartenpaket.
Die einzelnen Schritte in Kurzform:
1. OpenStreetMap-Daten mit ArcGIS Editor for OSM in ArcGIS importieren
2. Karte designen
3. Routingfähiges Netzwerk erstellen und mit eigenen Daten erweitern
4. Locator erstellen
5. Mit ArcGIS Pro ein Mobile Map Package erzeugen
Mobile Kartenpakete mit StreetMap Premium for ArcGIS und eigenen Daten
Navigator for ArcGIS mit StreetMap Premium
StreetMap Premium for ArcGIS ist ein kostenpflichtiges Datenpaket (jährliche Subskription) auf Basis von HERE-Daten (ehemals NAVTEQ). Das Datenpaket bringt alles mit, was benötigt wird: weltweite Daten mit wunderschönen Karten für Tag- und Nachtansicht, Locators für die einzelnen Länder und ein Straßennetzwerk mit nahezu perfekten Regeln. Des Weiteren beinhaltet es ein ArcGIS Pro Projekt, mit dem sofort und ohne weiteren Aufwand mobile Kartenpakete erstellt werden können.
Weiterhin bietet StreetMap Premium die Möglichkeit, die Karten und das Straßennetzwerk mit eigenen Daten zu erweitern. Die Vorgehensweise zur Erweiterung des Straßennetzwerks wird in einem entsprechenden Tutorial erläutert. Kleiner Tipp: in dem Tutorial wird beschrieben, wie einzelne Straßen manuell hinzugefügt werden können. In der Regel hat man aber schon die Daten in einer Feature-Class, wie im Beispiel unsere Waldwege und muss nur die Verbindungslinien manuell hinzufügen. Diese Daten müssen letztendlich in die entsprechende StreetMap Premium Feature-Class „Custom Streets“ importiert und an das Zielschema (Attribute) angepasst werden. Dies kann mit dem Geoverarbeitungswerkzeug Anhängen (Append) in ArcGIS Pro gemacht werden. Anschließend müssen die benötigten Attribute wie z. B. STREET_NAME oder Paved für die fehlerfreie Berechnung von Routen und Wegbeschreibungen angepasst werden. Das Ganze lässt sich mit entsprechenden Werkzeugen oder mit Python automatisieren.
Die einzelnen Schritte in Kurzform:
1. Routingfähiges Netzwerk mit eigenen Daten erweitern
2. Mit ArcGIS Pro ein mobiles Kartenpaket erzeugen
Fazit
Mobile Kartenpakete sind das ideale Datenformat für die mobile offline-Nutzung von Karten, Adresssuche und Routing. Der Knackpunkt hier sind wie so oft die zugrundeliegenden Daten. Unsere Beispiele mit OpenStreetMap und StreetMap Premium stellen sehr schön die Wahlmöglichkeiten heraus. Sind die Daten umsonst, muss viel Arbeit und Energie in die Aufbereitung und Qualität gesteckt werden, was im anderen Fall „einfach nur“ eingekauft wird. Spannend in jedem Fall ist die Möglichkeit zur Erweiterung von Routing-Netzwerken mit eigenen Daten.
Welche Option man auch immer verwendet: letztendlich wird alles in einer einzelnen Datei zusammengepackt. Für jeden Anwendungsfall können so eigene, maßgeschneiderte mobile Kartenpakete erstellt und sehr einfach auf die Endgeräte verteilt werden. Mit welcher out-of-the-box Navigationssoftware außer Navigator for ArcGIS können schon Daten beliebig ausgetauscht oder auf eigenen Straßen und Wegen geroutet werden – etwa von der Straße in den Wald?