Track-Analysen in ArcGIS Pro sind spannend, weil sich bewegte Objekte in Raum und Zeit einfach analysieren lassen. Nicht nur Fahrzeuge und Flugzeuge lassen sich tracken, auch Tiere. In unserem letzten Teil der Blogserie “GeoAnalytics” gehen wir in die Praxis. Wir untersuchen das Bewegungsverhalten von zwei Rotmilanen.
Track-Analysen in ArcGIS Pro
Zu den Track-Analysemöglichkeiten in ArcGIS Pro 2.6 gehören die folgenden Werkzeuge:
- Spuren rekonstruieren: Rekonstruiert die einzelnen Spuren (d.h. Punkte) von Tracks in der zeitlichen Reihenfolge und aggregiert sie zu Linien.
- Verweilorte suchen: Untersucht den zeitlichen Verlauf einer Beobachtung auf Positionen von Verweilorten innerhalb einer angegebenen Entfernung und Dauer.
- Ereignisse ermitteln: Untersucht den zeitlichen Verlauf einer Beobachtung auf definierte Bedingungen. Spuren, auf welche die Bedingung zutrifft, werden als Ereignis identifiziert.
Diese Werkzeuge haben wir verwendet, um Testdaten der Vogelwarte Sempach zu untersuchen. Hintergrund des Datensatzes ist ein Forschungsprojekt, welches das Bewegungsverhalten von Rotmilanen untersucht. Während Rotmilane in unseren Nachbarländern bedroht sind, nehmen die Bestände in der Schweiz stetig zu. Warum das so ist, wollen Forscher herausfinden und zwar indem sie Rotmilanen kleine, solarbetriebene GPS-Sender auf dem Rücken montieren.
Die Testdaten der Vogelwarte Sempach beinhalten je ca. 50‘000 GPS-Positionen von zwei Rotmilanen für den Zeitraum vom 02.07.2017 bis 23.09.2017.
Data Engineering
In Teil 2 unserer Blog-Serie haben wir euch die Big-Data-Verbindung als neue Datenquelle in ArcGIS Pro 2.6. vorgestellt. Sie erlaubt es, unterschiedlichste Datei-Formate (z.B. .csv, .txt) einfach in ArcGIS Pro einzubinden. In der Realität ist es jedoch nicht immer so, dass große Datenbestände ohne vorgängige Bereinigung zur Analyse verwendet werden können. Deshalb zeigen wir euch hier einen alternativen Weg über die Funktionen des Pandas DataFrame.
Damit die Werkzeuge einwandfrei ausgeführt werden können, ist auch im Falle der Rotmilan-Tracks eine Datenbereinigung notwendig. Wir überprüfen deshalb in einem ersten Schritt, ob sich NULL-Werte in den relevanten Attributen (Koordinaten und Zeitstempel) befinden. Die Analyse ergibt, dass 0.03 Prozent der Datensätze leere Koordinaten haben. Da dies sehr wenig ist, werden diese Datensätze entfernt.
Anschließend werden Zeitattributte konfiguriert, aus dem Pandas Dataframe ein Spatially Enabled Dataframe erstellt und die Daten in einer FileGeodatabase gespeichert. Durch die letzte Funktion werden die Daten direkt in ArcGIS Pro geladen und können somit für die Geoanalyse verwendet werden.
Datenanalyse
Mit unserer Analyse wollen wir die Bewegungsmuster der Rotmilane untersuchen und unter anderem herausfinden, wohin sie fliegen, welche Strecken sie zurücklegen und ob sie sich an bestimmten Orten länger aufhalten.
Nachdem wir die Daten in die FileGeodatabase importiert haben, sehen wir in ArcGIS Pro die GPS-Positionen der beiden Rotmilane über den Zeitraum vom 02.07.2017 bis zum 23.09.2017. Da es sich um je ca. 50’000 GPS-Punkte handelt, ist eine rein visuelle Interpretation der Daten wenig aufschlussreich.
Bei den folgenden Analysen konzentrieren wir uns auf einen Rotmilan. Um seine Flugrouten untersuchen zu können, verwenden wir als erstes das Werkzeug „Spuren rekonstruieren“. Die Spuren teilen wir so auf, dass pro Tag eine Flugroute generiert wird, dadurch lassen sie sich mit dem Time Slider übersichtlich visualisieren. Wir fügen eine Buffer Expression hinzu, welche die Linien in Abhängigkeit der Geschwindigkeit puffert (je dicker der Buffer, desto höher die Geschwindigkeit). Damit auch diejenigen GPS-Positionen berücksichtigt werden, an denen der Rotmilan länger verweilt und somit keine Geschwindigkeit hat, fügen wir der Geschwindigkeit den Wert 0.01 hinzu. Das Werkzeug ermöglicht uns außerdem, zusätzliche Statistiken, wie beispielsweise die maximale Höhe oder die durchschnittliche Temperatur zu berechnen.
Durch eine Symbolisierung nach der Länge der Flugroute sehen wir auf einen Blick, wohin, wie weit und wie schnell der Rotmilan jeden Tag geflogen ist. Diese GIF-Datei wurde übrigens direkt aus ArcGIS Pro heraus erstellt. Weitere Information dazu sind hier zu finden.
Das Werkzeug „Aggregate Points“ gehört zwar nicht in die Reihe der Track-Analyse-Tools, es gibt jedoch einen ersten guten Überblick über den Aufenthaltsort des Rotmilans. Das Werkzeug aggregiert die GPS-Punkte und gibt ein Hexagon-Grid mit der Anzahl GPS-Punkte aus. So sehen wir auf einen Blick, wo sich der Rotmilan häufig aufhält.
Nun wollen wir herausfinden, wo sich der Rotmilan über einen längeren Zeitraum aufhält. Wir erhoffen uns davon, dass wir seinen Schlafplatz oder sein Nest ausfindig machen können. Diese Analyse führen wir mit dem Werkzeug „Verweilorte suchen“ durch. Mit den folgenden Parametern werden Orte gesucht, an welchen sich der Rotmilan mindestens 3 Stunden lang aufgehalten hat. Die Distanz von 10 Metern wurde aufgrund der GPS-Genauigkeit gewählt.
Als Resultat erhalten wir einen Punkt-Datensatz, welcher neben anderen Attributen auch den Start- und Endzeitpunkt des jeweiligen Aufenthalts angibt. Der Rotmilan hält sich jeweils über mehrere Stunden in der abgebildeten Baumgruppe auf. Ob wir dort wohl auf ein Nest treffen?
Zum Schluss interessiert uns noch, wo sich der Rotmilan im Sinkflug befindet. Dafür verwenden wir das Werkzeug „Ereignisse ermitteln“ und definieren den Sinkflug mit der Arcade-Funktion „TrackFieldWindow“. Der Rotmilan befindet sich gemäß unserer eigenen Definition im Sinkflug, wenn der Höhenwert über mehrere Spuren weniger als 98% des vorherigen Wertes ist.
Als Resultat erhalten wir mehrere Tracks, auf welche diese Bedingung zutrifft. Die folgende Abbildung zeigt einen davon und wir sehen, wie sich der Rotmilan im steilen Sinkflug befindet bevor er auf der Straße landet.
Road ahead
In ArcGIS Pro 2.7 sind im Bereich der Track-Analysen einige neue Werkzeuge und Funktionen hinzugekommen.
Mit dem Werkzeug “Calculate Motion Statistics” können wir aus den bestehenden GPS-Positionen neue Bewegungsattribute wie etwa Distanz, Geschwindigkeit und Beschleunigung ableiten. Dabei wird im Werkzeug definiert, wie viele GPS-Positionen vor der aktuellen Position in der Berechnung berücksichtigt werden sollen (Parameter Track History Window).
Im Werkzeug “Calculate Field” der GeoAnalytics Desktop Tools besteht die neue Möglichkeit, anhand von Arcade-Ausdrücken Bewegungsstatistiken zu generieren. Mit “TrackCurrentAcceleration()” kann zum Beispiel die Beschleunigung zwischen der vorherigen und der aktuellen Position berechnet werden.
Erweiterungen gibt es auch im Werkzeug “Reconstruct Tracks”. Tracks können neu auch anhand von Arcade-Ausdrücken aufgeteilt werden. Damit können die Tracks der Rotmilane beispielsweise nach jeder Landung aufgeteilt werden. Außerdem kann die Lücke zwischen zwei Tracks bei Bedarf gefüllt werden, in dem ein Segment am Ende oder zu Beginn der Aufteilung eingefügt wird.
“Trace Proximity Events” verfolgt Ereignisse in räumlicher und zeitlicher Nähe. So können der Ort und Zeitpunkt, an welchem Rotmilane Territorialkämpfe ausgetragen haben, mit diesem neuen Werkzeug identifiziert werden.
Lizenzierung
Um die Werkzeuge der Toolbox GeoAnalytics Desktop Tools nutzen zu können, ist eine Advanced-Lizenz erforderlich.
Weitere Informationen zum Thema
Arcade-Ausdrücke in der Toolbox “GeoAnalytics Desktop”
Teil 1: GeoAnalytics – Big Data Analysen in der ArcGIS Plattform
Teil 2: GeoAnalytics – Big Data Verbindung in ArcGIS Pro 2.6